Nur noch Eltern, kein Paar mehr? Das müsst ihr jetzt tun…

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“Wir sind nur noch Eltern, kein Paar mehr.”

Hattet ihr diesen Gedanken auch schon mal? Vielleicht wart ihr dann ganz erschrocken und habt ihn schnell wieder weggewischt. Oder vielleicht war einer von euch sogar ganz mutig und hat laut zum / zur anderen gesagt „Liebling, ich glaube, wir sind nur noch Eltern, kein Paar mehr. Was sollen wir tun?

Gab es dann Streit? Stille? Ratlosigkeit? Trennungsgedanken?

Lass uns kurz zurückspulen: Du und Dein Partner / Deine Partnerin ward ein Liebespaar. Glücklich, unbeschwert und gewillt, miteinander eure Zukunft zu verbringen. Ihr habt gemeinsam Freunde getroffen, wart feiern und habt am Wochenende manchmal das Bett nicht verlassen. Ihr seid zusammengezogen. Vielleicht habt ihr geheiratet. Und ihr wolltet eine Familie gründen!

Und dann war es soweit: ihr wurdet Eltern. Was für eine Veränderung! Nichts war mehr, wie es früher war.

Vielleicht konntet ihr schon vorher Paare im Bekanntenkreis beobachten, deren Beziehung durch die Kinder plötzlich unglaublich distanziert, pragmatisch und unromantisch wurde.

„So werden wir nicht“ habt ihr gedacht und euch ganz besonders viel Mühe gegeben. Und euch richtig gut gefühlt, wenn ihr gemeinsam händchenhaltend mit dem Kinderwagen spazieren gegangen seid oder euch gegenseitig liebevoll mehrfach am Tag gesagt habt, was für tolle Eltern ihr seid.

Die Veränderung kam schleichend.

Ihr konntet ja nicht ahnen, wie viel Aufmerksamkeit so ein kleines Menschlein braucht. Und wie hart es ist, seit Wochen nicht wirklich geschlafen zu haben. Oder wie sehr man sich darüber streiten kann, ob das Kind noch ein Eis darf, „Danke“ sagen muss oder wer mit der nächsten Windel dran ist. Oder wie. Oft. Kinder. Krank. Werden. (Seriously…)

Die Rolle als Eltern fordert einen wahnsinnigen Tribut: Einer oder beide müssen beruflich zurückstecken, Zeit wird zum Luxusgut, ein gesunder Lebensstil inklusive Sport, Entspannung und gesunder Ernährung scheint unerreichbar, die Nerven werden mehrfach täglich aufs Härteste strapaziert und am Ende des Tages weiß niemand mehr, wo oben und unten ist.

Einziges Ziel ab 20 Uhr: Nicht beim Zubettbringen mit einschlafen, damit man „wenigstens ein bisschen Feierabend“ haben kann. Wenn nicht nach einer halben Stunde wieder jemand durchs Babyphone kräht. Am Wochenende dann aber wirklich Paarzeit.

„Bestimmt wird es besser, wenn die Kleine endlich durchschläft. Oder in die KiTa geht.“

Aber es wurde nicht besser. Streits darüber, wie viel Zeit, Nähe und Intimität (aka Sex) man miteinander teilen sollte, häufen sich. Man fühlt sich vom Partner / von der Partnerin immer weniger verstanden, gesehen und wertgeschätzt. Die Konflikte drehen sich im Kreis.

Mann kommt mit Familienleben nicht klar

Ihr fragt euch: Ist das vielleicht normal? Ist der Weg zum Glück einfach, dieses Schicksal zu akzeptieren? Vielleicht sind Eltern auch einfach dazu bestimmt „gute Freunde“ zu sein und sich mit möglichst wenig Streit Arbeit im Haushalt zu teilen? Nur noch Eltern, kein Paar mehr zu sein, ist vielleicht einfach für ein paar Jahre unumgänglich…?

Meine Antwort lautet NEIN.

Warum ich das weiß? Weil ich selber Mama bin – mal von einem, mal von vier Jungs – und mit einem Workaholic verheiratet bin. Und weil bei uns alle äußeren Faktoren gegen uns sprechen: Unser alltäglicher Stress ist enorm, unsere Zeit zu zweit stark begrenzt, wird sind beide äußerst dickköpfig und stur und haben eine Libido, die unterschiedlicher nicht sein könnte.

Ich sage euch was: Eltern zu werden und trotzdem eine erfüllte Partnerschaft zu haben ist verdammt schwer. Aber es geht! Man kann Kinder großziehen UND dabei verbunden bleiben, Intimität genießen und aus der Partnerschaft Kraft ziehen – anstatt sie als Stress oder weiteres „To Do“ zu sehen.

Ist es leicht? Nein. Erwarten euch 24/7 Schmetterlinge im Bauch? Nein. Können das vielleicht nur diese ganz glücklichen Menschen, bei denen es „einfach passt“? Nein.

Das könnt auch ihr. Ich zeige euch, wie.

Beziehungskiller Kind? Ein paar unangenehme Fakten…

Bevor ich darauf eingehe, wie ihr als Eltern wieder zueinander finde könnt, möchte ich euch kurz ein paar Daten präsentieren.

Forschungsergebnisse zeigen, dass die Geburt eines Kindes eine enorme Belastung für eine Partnerschaft darstellen kann. Eine Studie des renommierten National Marriage Project ergab, dass die Zufriedenheit mit der Partnerschaft nach der Geburt des ersten Kindes signifikant abnimmt.(1) Von ursprünglich glücklichen Paaren berichteten 66 Prozent, dass ihre Ehe oder Beziehung nach der Geburt des Kindes schwieriger geworden sei.

Außerdem kann man nachlesen, dass Elternschaft oft mit einem erhöhten Risiko für Beziehungskonflikte und Trennung einhergeht. Laut einer Studie des US-amerikanischen Centers for Disease Control and Prevention (CDC) liegt die Scheidungsrate bei Paaren mit Kindern höher als bei kinderlosen Paaren. (2)

„Amelie, warum wirfst Du uns diese unangenehmen und deprimierenden Zahlen um den Kopf??“ höre ich euch fragen.

Das hat zwei einfache Gründe:

1.     Ich will euch zeigen, dass ihr nicht allein seid. Mit euch ist nichts im Einzelnen oder als Paar „kaputt“. Der Gedanke „Wir sind nur noch Eltern, kein Paar mehr“ ist weiter verbreitet, als ihr glaubt.

2.     Ich will, dass ihr nicht länger auf Besserung wartet. Die Zahlen sollen euch verdeutlichen, dass ihr einem realen Problem (unglückliche Beziehung oder Trennung) gegenübersteht, was sich nicht mit der Zeit von alleine löst.

Es liegt in eurer Hand: “Beziehungskiller Kind” oder “Wachstumschance Kind”?

Warum ihr kein Paar mehr, nur noch Eltern seid - die 5 häufigsten Ursachen

 1.      Wenig Zeit

Sobald ein Kind die Familie erweitert, gibt es von allem mehr zu tun: Wäsche, Essen machen, Putzen, Aufräumen… Am Ende bleibt weniger Zeit für Me-Time oder Paarzeit. Und in der wenigen Zeit, die man am Ende des Tages gemeinsam hat, muss man sich primär vom Einschlafen abhalten oder kann nicht richtig abschalten.  

2.      Frau oder Mann kommt mit Familienleben nicht klar

Manchen Menschen fällt es schwer, sich in ihrer neuen Rolle als Mutter oder Vater zurechtzufinden. Die Dynamik zuhause ist plötzlich so anders: der Partner / die Partnerin hat vielleicht scheinbar nur noch Augen für das Kind oder man vermisst die Zeit vor dem Kind, in der man noch unabhängig und frei war. Ich höre oft „Mein Mann kommt mit dem Familienleben nicht klar“, aber auch Frauen kann es schwerfallen, die Dauer-Inbeschlagnahme ihres Kindes oder den neuen Alltag mit einer kleinen Familie anzunehmen. Es belastet unweigerlich die Paarbeziehung, wenn die Vorstellungen über Kindererziehung und das gemeinsame Familienleben auseinandergehen.

3.      Kinder können ihre Bedürfnisse nicht zurückstellen

Wer hätte gern alles so einen „PAUSE“-Knopf für sein Kind??? Iiiiiich… Aber im Ernst: Immer mehr Eltern möchten bedürfnis- oder bindungsorientiert erziehen (mich eingeschlossen). Dabei kommt man schnell dahinter, wie viele Bedürfnisse so ein Kind haben kann (man, sind das viele!) … klar – wir Eltern haben auch Bedürfnisse und gute Ratgeber empfehlen, diese Bedürfnisse nicht zu vernachlässigen. Aber trotzdem müssen wir – dem Alter des Kindes angemessen – unsere Bedürfnisse zurückstellen. Denn ein Baby kann das nicht. Und ein Dreijähriger nur ein bisschen (übrigens toll erklärt im Buch „Wild Child“ von Eliane Retz & Christiane Stella Bongertz) Bedeutet im Klartext: Auch wenn wir uns nach und nach mühselig zurückholen können, unsere Bedürfnisse (nach Schlaf, Zweisamkeit, Ruhe….) zu erfüllen, müssen wir ganz schön viele Abstriche machen. Wenn also der Partner gerade etwas von seinem Tag erzählen will, die Zweijährige aber gerade unbedingt von Papa vorgelesen bekommen möchte… Naja, ihr kennt das Ende der Geschichte.

4.      Alles ist anders

Mit der Geburt eines Kinds verändert sich alles: Wie man isst, wie man schläft, wie man Urlaub macht und reist. Wie man seine Wohnung einrichtet, wie man einkauft und wie man Freunde trifft. Für viele (meist die Mütter) ändert sich die Art und Weise, wie sie arbeiten. Der Fokus, die Weltanschauung, die Interessen… irgendwie ändert sich alles. Nur die Partnerschaft soll genau so funktionieren, wie vorher – mit etwas weniger Zeit eben. Ich hoffe, Dir fällt schon beim Lesen der Fehler in der Matrix auf 😉Viele Paare verstehen nicht, dass die Beziehung sowie das Sexleben eine komplette Anpassung brauchen, um den Belastungen des Familienlebens standhalten zu können. Das Fehlen dieser Anpassung resultiert oft in unnötigen Streits, weniger Nähe und ausbleibender Sexualität.

5.      Trauma

Eine Lehrerin von mir, eine erfahrene Traumatherapeutin, hat während der Ausbildung immer zu uns gesagt „Die Frage ist nicht, ob man Trauma hat, sondern wo es ist.“ Und sie hat Recht. Auch wenn nicht alle von uns ein schwerwiegendes, großes Trauma (wie z.B. von einem schlimmen Unfall oder einer Misshandlung) in uns tragen, so ist unser aller Verhalten immer auch geprägt von Wunden aus der Vergangenheit*.

Eine schlimme Ex-Beziehung, Schulprobleme, unreflektierte Eltern oder finanzielle Sorgen – wenn wir Dinge, die uns irgendwann mal belasteten, nie aufgearbeitet haben, dann finden sie immer ihren Weg an die Oberfläche. Und glaubt mir, es gibt kein besseres Mittel, um Traumata an die Oberfläche zu holen, als Kinder. Plötzlich tun Wunden weh, die längst vergessen waren. Dinge triggern uns, die uns vor 5 Jahren noch kalt gelassen hätten. Und der Partner oder die Partnerin wundert sich, warum wir neuerdings „bei jeder Kleinigkeit ausrasten“ und triggert uns ebenfalls mehr als früher. Und das ist normal! Wichtig ist nur, diese Momente (sehen meist aus wie Ausraster, irrationales Verhalten, starke Emotionalität oder zeigen sich als fiese Gedanken, die man nicht abschütteln kann) als Informationen und Wegweiser für Heilung zu sehen. Und sich darüber klar zu werden, dass der Partner / die Partnerin meist nicht der eigentliche Grund für diese Emotionen ist.

Beziehungskiller Kind



5 Schritte, wie ihr als Eltern wieder zueinander findet🧡

Ihr hattet also den Gedanken „Wir sind nur noch Eltern, kein Paar mehr.“ Seid auf diesen Artikel gestoßen. Ich habe euch gezeigt, warum ihr womöglich kein Paar mehr, sondern nur noch Eltern seid. Und jetzt zeige ich euch endlich, wie ihr aus dieser Falle wieder herauskommt.

1.      Akzeptanz

Akzeptiert eure Situation. Statt zu verdrängen, zu beschönigen oder den Fehler bei einem alleine zu suchen, findet Annahme und Mitgefühl für euch selbst und eurem Partner / eurer Partnerin. Es ist schwer für euch. Ihr seid gerade nicht verbunden. Seitdem ihr Eltern seid, ist eure Beziehung nicht mehr so leicht wie vorher. Und ihr seid ratlos, verzweifelt, traurig… Macht euch klar, dass eine nicht gut laufende Beziehung nichts über euch als Menschen oder über das Potenzial eurer Partnerschaft aussagt. Es bedeutet lediglich, dass ihr an einen Punkt gekommen seid, an dem ihr wachsen und heilen dürft.

2.      Commitment

Ein Punkt, der meiner Meinung nach oft in Paartherapie & Co. unterschätzt wird, ist das Commitment (= Verbindlichkeit, Einsatz, Hingabe, Zusage). Es ist von unschätzbarem Wert, wenn beide Partner aus tiefster Überzeugung sagen „Ich möchte diese Beziehung und ich bin bereit, mein Bestes zu geben. Ich bin bereit, an mir zu arbeiten, über mich hinauszuwachsen und die beste Version meiner Selbst in diese Partnerschaft einzubringen.“ Damit ist nicht gemeint, dass keine Fehler gemacht werden dürfen oder irgendjemand nach Perfektion streben sollte. Aber ohne dieses Commitment beobachte ich oft, dass viele Partner auf „Verbesserung“ der / des anderen warten und in ihrer eigenen Entwicklung stagnieren, was auf Dauer nie gut für eine Beziehung ist. Also, auch wenn es Mut und Energie kostet: wenn ihr diese Beziehung wollt, dann gebt eure 100%! Allein diese bewusste Entscheidung, diese innere Zusage und dieses Mindset können einen spürbaren Unterschied bewirken.

3.      Beziehungsvision

Ein starker Motivator ist eine gemeinsame Beziehungsvision. Überlegt euch, wie eure ideale Partnerschaft aussehen sollte. Falls euch das schwer fällt, fragt euch zuallererst: „Woran merken wir, dass wir nur noch Eltern, kein Paar mehr sind? Was fehlt uns, damit wir uns wieder als Liebespaar fühlen würden?“ und dann fangt an, eine Vision zu entwickeln. Wer es gern übersichtlich mag, schreibt eine Liste, wer lieber bei einem Glas Wein gemeinsam träumt, kann auch das tun. Es gibt dabei kein „richtig“ und kein „falsch“. Eure Ideen müssen auch nicht komplett übereinstimmen – nur die gleiche Richtung sollten sie haben. Ihr wollt so ein Paar sein, was sich im Alltag viel berührt, sich verliebte Blicke zusendet, liebevollen und magischen Sex miteinander hat und beide sich so sicher fühlen, dass sie einander ihre tiefsten Geheimnisse anvertrauen können? Toll! Dann habt ihr jetzt ein Ziel, auf das ihr gemeinsam zusteuern könnt!

4.      Beginner’s Mind

Im vorherigen Schritt habt ihr euch überlegt, wo die Reise hingehen soll. Es ist wichtig, dass ihr euch klar macht, dass ihr die Reise gerade erst antretet. Schließlich würde auch niemand erwarten, dass man in der ersten Klavierstunde wie Beethoven in die Tasten haut. Seid also zu euch selbst und zu eurem Partner / eurer Partnerin milde und habt Geduld. Veränderungen kommen nicht über Nacht. Wachstum braucht Zeit.

5.      Das Handwerkszeug lernen

Um als Eltern wieder zueinander finden zu können, braucht ihr Werkzeuge. Nee, keinen Hammer und Schraubendreher 😉 Aber all diese Fähigkeiten, aufgrund deren Fehlen ihr da seid, wo ihr seid (no shame! Bringt einem ja niemand bei…). Zum Beispiel eine respektvolle, liebevolle Kommunikation. Oder seine eigenen Bedürfnisse besser verbalisieren zu können. Oder sein Herz zu öffnen, für mehr Mitgefühl und Empathie. Oder Sex-Tools für mehr Entspannung im Bett. Übungen für Nähe und Verbundenheit. Wege, das Gedanken-Karussell zu stoppen. Und so weiter… All dies sind Dinge, die man lernen kann. Zum Beispiel in Büchern oder bei einem gut ausgebildeten Coach oder Therapeuten.

 

Ein paar harte, aber ehrliche Worte zum Schluss

Ganz wichtig: ihr seid nicht allein mit eurem Problem, nur noch Eltern, kein Paar mehr zu sein. Ihr seid auch nicht Schuld daran.

Aber ihr lest diesen Artikel nicht aus Langeweile, sondern weil euch schmerzlich klar geworden ist, dass ihr ein Problem habt. Auf Besserung zu warten, zu hoffen, dass der Partner / die Partnerin sich ändert oder zu warten, bis die Kinder groß sind, ist ein Garant für eine unglückliche Beziehung oder eine Trennung.

Ehrlich gesagt habt ihr genau drei Möglichkeiten: gemeinsam unglücklich nebeneinanderher zu leben, euch zu trennen, oder euer Glück selbst in die Hand zu nehmen.

Für welchen Weg entscheidet ihr euch?

 



*Falls ihr unter schwerwiegenden, eure Alltags-Fähigkeit einschränkenden Traumata leidet, wendet euch bitte an einen erfahrenen Traumatherapeuten / eine erfahrene Traumatherapeutin. Falls ihr unsicher seid, wer für euch der beste Ansprechpartner ist, berate ich euch gerne und leite euch ggf. weiter.

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